Dienstag, 28. Juni 2016

Finisterre

Oder Finsterre, wie es auf dem Ortseingangsschild steht. Ich sitze beim Sonnenuntergang am Leuchtturm ca. 3 Kilometer außerhalb von Finisterre und schaue auf den Atlantik hinaus. Westlich von hier ist nichts mehr, außer der riesige Ozean. 

Christoph Kolumbus ist unweit von hier Ende des 15. Jahrhunderts über den Atlantik aufgebrochen, um nach Indien zu reisen und den Beweis anzutreten, dass die Erde eine Kugel sei und hat dabei so nebenbei Amerika entdeckt. Bis dato  glaubte man, Finisterre sei der westlichste Punkt der Welt (fin=Ende, terra=Erde)

Es ist unbeschreiblich schön, hier an der Küste zu sitzen und das Gefühl zu haben, irgendwie angekommen zu sein. Über 800 Kilometer liegen hinter mir und es geht (auf dem Landweg) nicht mehr weiter und ich kann meinem Schatten nicht mehr länger folgen...😂 😎 😪





Buenos noches Amigos

Montag, 27. Juni 2016

Santiago de Compostela

Heute morgen gegen 10:30 Uhr habe ich mein Ziel, die Kathedrale von Santiago erreicht.

Hinter mir liegen über 800 Kilometer Fußmarsch bei überwiegend tollem Wanderwetter (den Kauf eines Regencapes hätte ich mir durchaus sparen können). 

Dabei habe ich fast 3000 Fotos geschossen, die ich in der nächsten Zeit alle nach und nach sichten und werten muss.

Körperlich fühle ich mich absolut super. Bis auf meine beiden Blasen zu Beginn der Reise habe ich keine weiteren Blessuren davongetragen. 

Ich habe viele Menschen aus der ganzen Welt kennenlernen dürfen und sehr viele -auch tiefgegende- Unterhaltungen geführt sowie einige unvergessliche Erlebnisse gehabt. 

Heute bei der Pilgermesse um Punkt 12 habe ich auch viele alte Weggefährten wiedergetroffen. Das ist irgendwie, wie eine große Familie!

Heute habe ich mir zur Belohnung mal ein gutes Hotel gegönnt. Morgen früh geht's dann mit dem Bus nach Finisterte, um meine durchgelaufen Socken zu verbrennen und um dort den Sonnenuntergang zu genießen. 





Sonntag, 26. Juni 2016

Lavacolla

Das hatte ich mir heute eigentlich anders vorgestellt:
Ich wollte etwas mehr als 20 KM machen, um dann am morgigen Tag vor Mittag gemütlich in Santiago anzukommen. Unterwegs bin ich wieder Nick einem ehemaligen Soldaten der Royal Army aus London begegnet, der mir von Irak- und Afghanistaneinätzen erzählt hat. Vor ein paar Wochen hatten wir abends seinen 58. Geburtstag gefeiert. Wir haben über einen längeren Zeitraum so intensiv miteinander gequatscht, das wir die letzte Herberge bei Kilometer 21 verpasst haben. Jetzt hieß es Augen zu und durch, denn bis Santiago ist keine weitere Herberge mehr aufgelistet. Ich hab ihm gerade noch gesagt, dass ich mich eigentlich auf den letzten Metern vor Santiago noch mit Miss Kanada treffen wollte, die mich vor 400 Kilometern abgehängt hatte und die ich bis dato auch nicht mehr gesehen habe. Wir hatten lediglich über WA noch Kontakt. Prompt hinter der nächsten Biegung tauchte sie wie aus dem Nichts auf. Ich rufe laut: "Miss Kanada!!!", Antwort: "Mr. Germany!!!"
Kurze Begrüßung, dann geht's zu dritt weiter.
Mittlerweile haben Nick und ich von Azofra aus schon fast 30 KM zurückgelegt, unsere Füße schmerzen bei jedem weiteren Schritt, das Wasser ist auch alle.
Dann taucht in einem kleinen Kaff ein Motel auf, kurze Nachfrage und wir drei bekommen ein schmuckes 3-Bettzimmer für 50€. Die Gastgeberin greift in den Kühlschrank und spendiert ein kühles Bier. Nach der Dusche schlendere ich in die einzige Bar im Ort und kaufe uns eine Flasche Tinto, die wir jetzt gemütlich gemeinsam  im Garten genießen. 
Morgen früh werden wir dann die letzten 10 Kilometer noch zusammen meistern, bevor unsere Wege sich dann endgültig trennen...

Samstag, 25. Juni 2016

Arzúa

Heute und dann noch einmal schlafen...

Ich bin für 10€ in einer wirklich guten Herberge untergekommen und hab meinen alten Bekannten Marlon aus Brasilien wiedergetroffen. Zuerst haben wir mal unsere Kontaktdaten zwecks Fotosharing etc. ausgetauscht, denn wer weiß, ob wir uns in SdC nochmal sehen...

Der Kilometerzähler zeigt jetzt unter 40 an. Das ist an zwei Tagen gut zu schaffen, morgen etwas mehr als 20 KM und dann werde ich am Montagmorgen versuchen, bis Mittag die Kathedrale in Santiago zu erreichen. Um 12 ist die obligatorische Pilgermesse und da hoffe ich dann viele alte Gesichter wiedersehen und den Camino offiziell zu beenden.

Dann werde ich anschließend mit dem Bus zum Ende der westlichen Welt (Kap Finisterte) fahren, was ich bei meinem letzten Camino leider versäumt habe.

Unterwegs bin ich heute wieder Warren begegnet, der mir Storys aus der Mongolei und von seinem Trainingslager in Afrika erzählt hat. Dann tauchten auch Sepp, Agnes und Melanie auf, die sich gestern Abend eine Magenverstimmung zugezogen hat und auch dementsprechend drauf war.

Meinen Rückflug habe ich die Tage auch gebucht, am 3.7. geht's von Porto zurück nach Köln. In Santiago muss ich mich dann noch um die Busverbindung nach Porto kümmern...









Kleines Loch im Socken



Bis auf den Meter genau 😉



Freitag, 24. Juni 2016

Ponte Campaña

Noch gut 60 KM bis Santiago de Compostella!

Die Pilgerreise nähert sich langsam aber sicher dem End zu. In ca. 3 Tagen müsste ich SdC erreichen.

Heute war eher unspektakulär, wider Erwarten wenig Pilger auf dem Camino, das Wetter war zum Wandern optimal aber 22 KM reichen dann auch.

Heute morgen habe ich mich auch prompt verlaufen, bin in einer Sackgasse gelandet, die vor einem Wald endete. Wieder einen Kilometer zurück, dann bin ich Sarah begegnet, die auch den falschen Weg eingeschlagen hat. Sarah, um die 30 ist Ärztin aus Sydney/Australien und spezialisiert auf künstliche Ernährung, also Sonde, Intravenös und über Nase/Mund. Der Fachbegriff für dieses Spezialgebiet ist mir leider entfallen, habe ich in Deutschland aber auch noch nie gehört. Sie hat vor dem Camino einen Selbstverteidigungskurs absolviert und telefoniert zur Sicherheit und Kontrolle immer zur gleichen, festgelegten Uhrzeit mit ihrem Boyfriend in Sidney.
Unterwegs sind wir dann dem Paar aus Ungarn begegnet, die sich gerade auf dem Camino und auf Hochzeitsreise befinden. Sie ist Visagistin und arbeitet derzeit noch in China, er Rechtsanwalt, war bis dato ebenfalls In Shanghai tätig. Sie wollen -obwohl beide dort gut verdienen- ihren Wohnsitz wieder nach Ungarn verlegen, da das Leben dort nicht ihren Vorstellungen entspricht. Er sagte mir, dass dort die Leute, insbesondere die Landbevölkerung, die es in die riesige Stadt verschlagen hat, einfach in der Metro pinkeln oder am Straßenrand ihr großes Geschäft verrichten. Auch, so sagt er, seien seine Frau und er dort zu Vegitariern geworden.
Später ist mir dann "Puschka", ein Deutscher und so Mitte 50 wieder begegnet, den ich ein paar hundert Kilometer vorher schon mal gesehen hatte. Er hat Kunst und Geschichte studiert und macht jetzt Coachingkurse für Manager und Teams in großen Unternehmen. Auf die Frage, wo der Name denn herkommt, sagt er, dass er mehrere Jahre in Indien verbracht hat und den Namen dort angenommen hat (nur seine Mutter nennt ihn noch Winfried)
Ist irgendwie schon eine verrückte Welt!?
Hier wieder ein paar Bilder:

Pilgermenü in Galicien 















Pilgerbeine 








Donnerstag, 23. Juni 2016

Gonzar

Ergänzung zu gestern:
Gestern Abend habe ich noch mit nem skurrilen Typen aus Florida auf nen Tinto zusammengesessen. Typ Harleyfahrer der optisch den 81-ern (Hells Angels) zuzuordnen ist. Scheiß Vorurteil, ich weiß 😉
Wie sich dann später herausstellte, pennt er blöderweise auch in meinem 6-Bett-Zimmer das voll belegt ist. Kurz vor dem Zubettgehen verkündet er noch in seinem Südstatenaktzent in die Runde: "Hope you guys have good Ear-Plugs !?"

Die Nacht war der Horror! Ich war gegen 2 in der Nacht kurz davor, meine Matratze bzw. Bett nach draußen zu befördern. Das war ein Konzert erster Güte mit einer beeindruckenden Lautstärke!!!
So bin ich dann auch schon um 6 in der Früh raus auf die Piste. Bis Portomarin waren es gut 20 Kilometer, die schnell abgespult waren. Allerdings erinnere ich mich, dass ich die Brücke über den Stausee vor Portomarin vor 5 Jahren noch von der anderen Seite betreten habe. Mag sein, dass sich der Camino in der Wegführung hier leicht verändert hat!

Nach einem Kaffee und  dem Auffüllen der Wasservorräte habe ich dann noch gut 7 Kilometer bis nach Gonzar zurückgelegt. Jetzt reicht es auch für heute, die Füße schmerzen, ich sitze an der Theke der Herberge und gönne mir grad ein erfrischendes Radler. Unterwegs war ich heute zeitweise mit Sepp, einem pensionierten BGS-Beamten, Tante Agnes (seine Frau) und Melanie (Nichte der beiden). Ich bin eigentlich immer ein wenig schneller als die drei unterwegs, aber durch Pinkel- oder Kaffeepause kreuzen sich die Wege immer wieder. Wenn die drei sich unterhalten habe ich aufgrund des tiefbayrischen Dialekts oft Probleme zu folgen. 

Unterwegs haben wir neben vielen anderen "Bekannten" auch Warren aus Australien mit seinem markanten Bart wiedergetroffen, mit dem ich schon vor Wochen mal auf einem Kaffee zusammensaß. Ein stranger Typ, der vor kurzem noch in der Mogolei geschafft hat, jetzt seinen Urlaub auf dem Camino verbringt und sich danach zwischen einem Arbeitseinatz wieder in der Mongolei oder Panama entscheiden muss...

Hier noch was für die Statistik:
Hier in Gonzar habe ich laut meinem schlauen gelben Buch exakt 717 Kilometer zurückgelegt. Durch meine Umwege, Herbergssuche, Sightseeing-Touren etc. sind es tatsächlich wahrscheinlich ein paar mehr.
Ich habe Google mal nach der Anzahl der Schritte (bei meiner Größe) befragt und da kommt tatsächlich ein Wert von über 1 Million Schritten (1.000.000) heraus. Ich konnte das Anfangs gar nicht glauben aber es scheint irgendwie zu stimmen.

Den Opa, den ich heute und in den letzten Tagen zum x-ten mal überholt habe, hab ich dann auch mal dezent angequatscht. Er ist 75 Jahre alt, macht seinen 4. Camino und wie er sagt auch seinen Letzten! M.E. hat er noch einen guten Schritt drauf, nur bergauf geht im  ein wenig die Puste auf. Er ist so eine Art Einzelgänger, meidet Gesellschaft und sitzt abends soweit ich das beobachten konnte, meist allein beim Essen und einer Flasche Rotwein...

Hinten rechts schnarcht er immer noch...

😉


















Mittwoch, 22. Juni 2016

Barbadelo

Die heutigen 25 Kilometer verliefen ausgesprochen gut, heute morgen die ersten 8 Kilometer bei angenehmen Temperaturen immer gut bergauf, dann bis Sarria wieder stetig bei Temperaturen um die 30 Grad bergab. Ich hab meinen Sommerhut immer mal wieder an Wasserstellen "getränkt", um meine Birne ein wenig abzukühlen. 
Heute bin ich ein paar Stunden zusammen mit Debby (Deborah) aus Californien gelaufen, die den Weg zusammen mit ihrer Schwester macht. Wir hatten eine schöne Zeit und haben viel erzählt und gelacht. Ebenso bin ich ein Stück des Weges zusammen mit Yon oder so aus Südkorea gelaufenen. Sie war für 4 Monate in London und beendet mit dem Camino ihren Europaaufenthalt.
Es ist schon interessant, mit einem einfachen Buen Camino oder Ola mit so vielen Menschen aus aller Herren Länder in Kontakt zu kommen...
Die Herberge, die ich heute Nachmittag angesteuert habe ist der Hammer. 9€ in einem 6-Bettzimmer mit eigenem Bad, sehr gute Küche, Garten und Swimmingpool ☀️😄

Start heute morgen 






Immer dem Schatten hinterher...






Debby


Yon


Maurice aus Australien (links)











Meine heutige Herberge:


Pulpo